Nicht einmal eineinhalb Minuten dauert das Stück, das den Pianisten Lang Lang ins Schwärmen bringt: ein Walzer, der mutmaßlich von Komponist Frédéric (Fryderyk) Chopin (1810-1849) geschrieben wurde. Lang Lang hat das Lied nun eingespielt, und zwar mit dem Titel «The Waltz in A minor „Found in New York“». Es klinge sehr wie Chopin, sagte der 42-Jährige der Deutschen Presse-Agentur: «Die Harmonien, die Poesie, die Struktur. Nach meinem Verständnis ist es Chopin.»
Für die Welt der klassischen Musik sei es toll, dass es ein neues Stück gibt, das die Menschen im 21. Jahrhundert noch nicht gehört haben. Man schaue in diese große Tradition mit einem frischen Blick. Und es wäre toll, noch mehr Werke großer Komponisten zu entdecken, vielleicht von Brahms oder Rachmaninow, sagte Lang Lang am Rande seines Auftrittes bei der «Bambi»-Verleihung in München. Die digitale Single, erschienen bei der Deutschen Grammophon, ist ab sofort erhältlich.
Kurz und unkompliziert
Der Chopin-Walzer sei nicht sehr kompliziert, sondern einfach zu spielen. «Jeder, der etwas Klavierspielen kann, kann es spielen.» Allerdings sei das Stück sehr kurz: weniger als 90 Sekunden. «Wenn Sie sehr langsam spielen, sind es vielleicht 90 Sekunden», sagte Lang Lang schmunzelnd.
Der Walzer sei sehr melancholisch, beschrieb der Pianist das kleine Werk. Es klinge, als käme man aus dunklen Wolken und würde ein Gedicht lesen. Und dann höre man es wieder und es gehe einem etwas besser. «Aber nur ein bisschen, eine leichte Hoffnung.»
Musik als Medizin
«Gerade in der heutigen Welt brauchen wir Musik mehr denn je. Es gibt viele Probleme und viel Anspannung. Musik bringt das Herz zum Schmelzen und lässt Probleme vergessen. Musik ist in gewisser Weise eine gute Medizin», sagte Lang Lang, und weiter: «Ob Sie eine Schumann-Sinfonie hören oder Beethovens Neunte – es ist immer ein Heilungsprozess.» Es sei, als ob wir gerade beschäftigt und ängstlich sind und dann tief durchatmen. «Diese Musik ist wie ein kleiner Urlaub.»
Chopin zähle zu seinen Lieblings-Komponisten, erzählte Lang Lang. «Er war mein absoluter Favorit, als ich ein Kind war. Aber als ich erwachsen wurde, gab es so viele andere Komponisten, die ich auch großartig fand.» Für einen Pianisten sei Chopin so wichtig wie Paganini für einen Violinisten.
Laut «New York Times» war das Stück im Morgan-Museum in Manhattan eher zufällig von Kurator Robinson McClellan beim Sortieren von Kultur-Sammlerstücken entdeckt worden. Das mit 48 Takten recht kurze Werk sei schlicht mit «Valse» (Walzer) sowie dem Namen Chopin überschrieben, berichtete die Zeitung. Nach Einschätzung mehrerer Experten dürfte es aus Chopins Feder stammen, hieß es. Es enthalte etwa typische Schreibkunst-Elemente des polnischen Komponisten – aber keine Unterschrift.